Die Taucherbrille sitzt, der Reißverschluss des orangefarbenen Overalls ist bis zum Anschlag hochgegzogen, beide Hände klammern fest am Plastikgriff des knapp 40 cm breiten Spanholzbretts - es gibt jetzt kein zurück mehr. "Three, two, one - GO!!", animiert der Guide - dann sehe ich nur noch Staub.
Volcano Boarding heißt der neue Fun-Sport, der adrenalinentflammte Backpacker aus aller Welt auf den Gipfel des Cerro Negro lockt. Ein Australier, der in Queensland mit Sandboarding aufwuchs erkannte das Potenzial des 728 Meter hohen und immer noch aktiven Vulkans, der im steilsten Stück ein Gefälle von 41 Grad aufweist. Er gründete 2005 das "Bigfoot Hostel" in der unweit entfernten Kolonialstadt Leon. Alleine die wunderschöne Universitätsstadt ist schon einen mehrtägigen Aufenthalt wert, doch durch den neuen Traveller-Magneten "Volcano Boarding" scheint für die ganze Region ein touristischer Glücksgriff gelungen zu sein. Mittlerweile sind die Touren des Bigfoot Hostels fast jeden Tag ausgebucht und auch weitere Anbieter haben die Attraktivität des Angebots erkannt und in ihr Leistungsportfolio aufgenommen.
Voraussetzung für die Massentauglichkeit des Sports war zunächst allerdings die Entwicklung eines geeigneten Schlittens, der in der Lage war die Hochgeschwindigkeitskandidaten halbwegs heil und unversehrt talwärst zu geleiten. Der mehrjährige Reifungsprozess brachte schließlich die heutige Spanholzplanke hervor, die am Boden mit einer Metallplatte und einem mit Kunstharz imprägnierten Schichtstoffstück verstärkt ist. Bremsen sucht man bei dem Holzprojektil vergeblich, denn wer bremst verliert.
Das wusste auch unser Guide, der uns nach dem einstündigen Aufmarsch zum Kraterrand seine minimalistische Sicherheitseinweisung erteilte. Wir wurden darüber belehrt, dass die beste Balance dann gewährleistet sei, wenn der Hintern genau in der Mitte des Brettes säße. Steuern und bremsen könne man, indem die Füße abwechselnd links und rechts leicht den Boden berührten. Ein allzu hartes Bremsen solle man allerdings vermeiden, da dann die Gefahr eines durchaus schmerzerfüllten Sturzes bestünde. So viel zur Theorie.
Der Praxisteil war in meinem Fall dann jedoch jenseits aller Kontrolle. Steuern - Fehlanzeige. Bremsen - maximale Fehlanzeige. In kürzester Zeit erfuhren mein Schlitten und ich die ganze Tragweite und die Zusammenhänge von physikalischen Konzepten wie Gravitation, Reibung und Beschleunigung. Auf halbem Weg wurde mir schließlich auch klar, was der Guide mit seiner finalen Anweisung meinte, man solle davon absehen, bei der Abfahrt vor lauter Begeisterung zu lachen. Was ich zunächst für einen ironischen Witz hielt war purer Ernst. Denn spätestens bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h fliegt einem der halbe Vulkan ins Gesicht. Meine Radarpistole registrierte am Ende stolze 72 km/h. Und da ich bei meiner Höllenfahrt neben der Sturzangst auch ausgesprochen viel Spaß hatte, musste ich später entsprechende Unmengen an Geröll wieder aushusten und von meinen Zähnen kratzen.
Mein Hintermann hatte es jedoch bei Weitem unangenehmer erwischt. Er absolvierte einen der obligatorischen Quotenstürze und wollte nicht auf die Zielgerade einbiegen, bevor er nicht noch eine Reihe von spektakulären Überschlägen aufs Lavaparkett zauberte und sich dabei die komplette rechte Oberschenkeltapete abschürfte.
Fazit: Volacano Boarding bringt jede Menge Spaß und Lava in die Backen, sollte man mal gemacht haben, muss aber niemand zwei mal gemacht haben.
Für die einen zur Linderung köperlicher Schmerzen, für die anderen als Katalysator für triumphale Heldengeschichten des Tages - als die adrenalingeschwängerte Meute wieder ins Hostel zurückkehrte standen für jeden zwei landestypische Mojitos bereit. Auf diese Weise wurde ein äußerst erlebniserfüllter Tag in ausgelassener Geselligkeit besiegelt.
Hier geht's zum Vulcano Boarding Video!
Fun Fact:
- Der Geschwindigkeitsrekord beim Volcano Boarding liegt derzeit bei 84 km/h.
- Der Franzose Eric Barone brach 2002 auf der selben Strecke mit 172 km/h nicht nur den Geschwindigkeitsrekord auf einem Mountainbike sondern dabei auch mehrere Rippen und alle möglichen anderen Knochen.
- Der jüngste Ausbruch des Vulkan Cerro Negro ereignete sich im Jahr 1999. Bei jeder Eruption wächst der Vulkan um ein Stück an.
- Die in Leon um 1860 nach über 100-jähriger Bauzeit fertiggestellte Kathedrale León Basilica de la Asunción gilt als die größte und älteste Mittelamerikas.
- Die Reiseatmosphäre in Nicaragua ist großartig. Überall begegnet man freundlichen und zuvorkommenden Menschen. Nicht zuletzt gilt Nicaragua als eines der sichersten Ländern in Mittelamerika.
Checklist:
- mit 72km/h einen Vulkan "geboarded"
- stinkenden Schwefelgeruch eingeatmet
Text und Fotos: David Lohmüller - Reisefotografie
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